Alterszentrum Grampen, Bülach

Auftrag: 1. Preis Studienauftrag

Bauherrschaft: Stiftung Alterszentrum Region Bülach

Aufgabe: 28 Alterswohnungen, Pflegewohngruppe mit 20 Betten, Spitexstützpunkt

Leistungen: Architekturleistungen Phase 32-53

Bearbeitungszeit: 2022 - 2027

Kosten: 27.2 Mio. (BKP 1-9)

Mitarbeit: Vincenzo Pagano, Tobias Peteler, Roman Birrer, Sophia Vaccani, Ioannis Michailidis, Laurin Uhl, Nathifa Sucipto, Felix Leissle, Kathrin Simmen

Ortsbauliche Einbettung

Die städtebauliche Entwicklung von Bülach erfolgte ab 1900 im Süden und Westen mit dem Entstehen von durchgrünten Wohnquartieren, bestehend aus Einzelbauten mit grosszügigen Gärten. Sukzessive wurde die Bebauung um die Altstadt entlang der der Allmend- und Poststrasse ab den 1980er Jahren durch grossmassstäblichere Bauten ersetzt. Das Bestandsgebäude Grampen 1 reiht sich als grosses Volumen in diese altstadtbegleitende Ringbebauung ein. Die Erweiterung ist als abgewinkelter Flachbau angelegt, dessen aufgesetzte Punktbauten als Fortführung des durchgrünten, kleinteiligen Wohnquartiers verstanden werden und zwischen den Baumkronen hervorlugen.

Weil der nördliche Punkt nur zwei Wohngeschosse hoch ist, werden die Aussicht und Besonnung der Zimmer im Bestandsbau trotz der insgesamt hohen baulichen Dichte kaum beeinträchtig. Der südliche Punkt ist viergeschossig und markiert hinter dem (Park)platz einen Auftakt ins Wohnquartier. Die Alterswohnungen sind von Süden erschlossen und haben eine klare, eigenständige Adressierung vonseiten der Erachfeldstrasse und des Wohnquartiers. Die Mehrheit der Bewohnerzimmer im Neubau ist durch Winkelstellung vom Bestand abgewandt und vor Einblicken geschützt.

Freiraum

Ein Gartenband zieht sich von Westen ausgehend Richtung Allmendstrasse und begleitet das bestehende Gebäude. Entlang der Südstrasse läuft es weiter, fliesst über den Parkplatz, umschliesst den Neubau und endet beim Eingangsbereich der Alterswohnungen. Dieses Gartenband ist das Leitmotiv der Gestaltung und ein immer wiederkehrendes Element. Inspiriert von den umgebenden privaten Gärten und deren strukturreichen Bepflanzungen ist das Gartenband aus den Leitbäumen (Ahorn und Linde) und ökologisch wertvollen Staudenmischpflanzungen und Blumenrasen zusammengesetzt. An den Stellen mit erhöhten Sichtschutzanforderungen werden zusätzliche Wildhecken gepflanzt.

Der Haupteingang bleibt weiterhin an der bestehenden Stelle erhalten. Verschiedene Elemente im Aussenraum führen dorthin und akzentuieren diesen. So schaffen ein Brunnen, Fahnenstangen sowie Sitzbänke einen repräsentativen Eingangsbereich für die Anlage und Pflanzbeete und Vegetation rahmen diesen zusätzlich.
Zwischen Bestands- und Neubau entsteht ein geschützter, gemeinschaftlicher Freiraum – der Gemeinschaftshof. Dieser ist durch den grosszügigen Aussensitzbereich des Restaurants und den Eingangsbereich der Spitex geprägt und in Verbindung mit dem Restaurant ein vielseitig nutzbarer Treffpunkt. Altersgerechte Sitzbänke, prächtige Staudenbeete und ein kühlender Brunnen laden zum Verweilen der AnwohnerInnen, Angestellten und BesucherInnen ein. In der ersten Bauetappe befinden sich an der Südstrasse die Parkplätze der Gemeinde. Diese sollen aber im Laufe der baulichen Entwicklung des Areals reduziert werden und sich in einen öffentlichen Garten verwandeln.

Die Entsorgungsstelle des Quartiers ist wie auch heute schon an der Erachfeldstrasse situiert. Gemeinsam mit der neuen Tiefgarageneinfahrt für die Garage der Alterswohnungen und zwei Parkplätzen für BesucherInnen entsteht eine wichtige Funktionszone. Vorbei an dieser Zone gelangt eine Stichstrasse in den dahinter liegenden Garten und zum Eingangsbereich der Alterswohnungen im Nordpunkthaus. Die Wohnungen im Südpunkthaus sind direkt von der Erachfeldstrasse aus erschlossen.

Der Demenzgarten im Hochparterre des Neubaus ist vom restlichen Aussenraum baulich getrennt. Der Rundweg wird zu den Gemeinschaftsräumen hin mit farbenfrohen Stauden und Bäumen bepflanzt und im gedeckten Bereich von Sitzbänken begleitet. In der Mitte befinden sich Hochbeete (mit Rollstuhl unterfahrbar), die von BewohnerInnen gemeinsam mit den BetreuerInnen unterhalten werden können.

Den Themen der Ökologie und Nachhaltigkeit werden im gesamten Areal ein besonderer Stellenwert zugeschrieben. Die Entsiegelung der bestehenden Parkplätze und ein Maximum an versickerungsfähigen Bodenbelägen, zahlreiche neu entstehende artenreiche Pflanzflächen, neugepflanzte Bäume und Strauchstrukturen sowie kühlende Wasserelemente sorgen für einen qualitätsvollen und an klimatische Bedingungen angepassten Aussenraum.

Architektur

Der Massstabsprung in Bezug auf die umliegenden Bauten erfordert eine sorgfältige Fassadengliederung und –Detaillierung, welche dem Volumen gerecht wird und Lebendigkeit zulässt. Die verschiedenen Nutzungen sind in den differenzierten Fensterproportionen ablesbar: Brüstungsfenster in der Pflegewohngruppe vermitteln innenräumliche Geborgenheit, gute Möblierbarkeit und schützen vor Einsicht; Französische Fenster in den Wohnungen ermöglichen einen grosszügigen Ausblick und erzeugen eine in sich ruhende, stehende Ausdrucksweise der Kuben.
Die Punkthäuser sind leicht zurückversetzt. In Verbindung mit umlaufenden Vordächern führt dies zu einer Schichttiefe der Fassade, die eine räumliches Angebot für individuelle Begrünung und eine konstruktive Konsequenz aus der vorgeschlagenen Holzverkleidung der Fassade ist. Zudem entsteht ein Dialog mit der Gestaltung der Südfassade des Bestandsbaus, wo mit der vorgehängten Balkonschicht ebenfalls ein räumlicher Filter zum Innenraum vorhanden ist.
Die Raumbildung erfolgt mit fliessend geformten Räumen und Raumfolgen ohne kantige Übergänge. Die sich abwechselnde Raumbewegung mit der Geste der sich öffnenden und schliessenden Aufweitungen bringt neue innenräumliche Qualitäten im Vergleich zum Bestandsbau, wo Raumboxen entlang langen, geraden Korridoren aneinandergereiht sind. Das Raumgefühl stärkt die Geborgenheit und das Wohlgefühl der Menschen und vermittelt grosse Wohnlichkeit.

Leben und Arbeiten - Pflegeabteilung, Büro, Wohnen

Im Erdgeschoss verbindet eine interne «Rue Interieur» alle Nutzungen, was trotz teilweise langen Wegen für eine einfache Orientierung sorgt: Ausgehend vom Haupteingang an der Allmendstrasse mit direktem Blickbezug zum Restaurant und dem Gemeinschaftshof bewegt man sich durch den Administrationsteil, wo die Spitex gut an die Büroräumlichkeiten von Grampen 1 angebunden ist. Direkt anschliessend gelangt man an der Medizinischen Betreuung vorbei und endet am Nebeneingang, wo der Gemeinschaftsraum der Alterswohnungen angelagert ist. Auch der Südliche Wohnpunkt ist im Erdgeschoss mit einem Verbindungsgang direkt an die «Rue Interieur» angeschlossen. Die drei Treppenhäuser dienen vom Erdgeschoss aus dem Betrieb für die Versorgung und sind durchgehende Fluchtwegausgänge über alle Geschosse.

Die Pflegewohngruppe im Hochparterre wird über das Treppenhaus am Gemeinschaftshof beliefert und Besucher nutzen es als Zugang. Von hier gelangt man in den zentralen Ess- und Aufenthaltsbereich und geniesst den Ausblick in den geschützten Garten. Das Stationszimmer ist im Gelenk zwischen den beiden Wohnflügeln gelegen und erlaubt einen guten Überblick. Der Essbereich ist durch einen überhohen Dachaufbau räumlich akzentuiert und erfährt dank des umlaufenden Oberlichtbands gute Tageslichtqualitäten. Abwechslungsreiche innere Rundgänge bieten sich den Bewohnenden an. Die Zimmer sind annähernd quadratisch geschnitten, vielseitig und gut möblierbar.

Ältere Bewohner verbringen viel mehr Zeit zu Hause und sollen sich in ihren Wohnungen geborgen fühlen. Die Identifikation mit der eigenen Wohnung ist darum äusserst wichtig.
Durch die volumetrische Ausformulierung des Baukörpers profitiert jede Wohnung von zwei Fassadenseiten mit vielseitigen Lichtverhältnissen im Tagesverlauf und abwechslungsreichen Ausblicken. Weil Wohnungsgrössen eher knapp bemessen sind, ist der Grundriss so angelegt, dass die Wohnung über keine Erschliessungsflächen verfügt und die Raumabfolgen direkt ineinander übergehen. Über das Entrée werden die Nasszelle, das Schlafzimmer und der Ess-/Wohnraum erschlossen. Die Lage der geschützten Loggia in den Gebäudeecken zoniert den Wohn- und Essbereich und unterstützt die vielfältigen Raumbezüge und Ausblicke.